Worum es geht: Pflanzliche Produkte, die als veganer oder vegetarischer Ersatz tierischer Erzeugnisse angepriesen werden, haben hohe Erwartungen in puncto Mundgefühl und Aroma zu erfüllen. Idealerweise sollten die sensorischen Eindrücke möglichst jenen des Originals ähneln. Dieses Ziel auch nur annähernd zu erreichen, ist gar nicht so einfach, und zwar nicht zuletzt angesichts der Vielzahl potenzieller geschmacksintensiver Verbindungen, die in Pflanzen zu finden sind und die das Gesamtaroma beeinflussen. Bei der sensorischen Bewertung und Feinjustierung pflanzenbasierter Proteinlieferanten, braucht es die instrumentelle Analytik.
Erste Schritte: Um die sensorisch aktiven, für das Fleisch- beziehungsweise Fischaroma wichtigen Verbindungen zu identifizieren und mögliche Störstoffe abzugrenzen, haben US-amerikanische Forschende die Aromastoffe in pflanzenbasiertem Thunfisch identifiziert und mit jenen verglichen, die in echtem Thunfisch in Konserven enthalten sind [1]. Als Verfahren wählten Kfoury et al. die sogenannten Sensory-Directed Flavor Analysis (SDA) [2].
SDA ist ein Verfahren, das die Gaschromatographie (GC) in Kombination mit der menschlichen Nase und der Massenspektrometrie (MS) verwendet, um in Lebensmittelmatrices Aromen zu bestimmen. Die Parallelschaltung der olfaktorischen Detektion (O) mit der MS-Detektion ermöglicht es, sensorisch bedeutsame Fraktionen im Chromatogramm zu erkennen und zeitgleicht die Analyten, die sensorisch relevant sind, massenspektrometrisch zu bestimmen. Infolgedessen lässt sich die SDA anwenden, um Verbindungen zu bestimmen, die wünschenswerte Aromen in Lebensmitteln entfachen.
Analytische Details: Kfoury et al. nutzten die lösungsmittelfreie dynamische Headspace (GERSTEL-DHS), um die Analyten aus der Matrix zu extrahieren; sämtliche Schritte der Probenvorbereitung einschließlich Probenaufgabe und Analyse wurden automatisiert (GERSTEL-MultiPurpose Sampler, MPS) durchgeführt. Die anschließende Trennung erfolgte gaschromatographisch (Agilent 8890 GC), genauer gesagt mittels 1D/2D-GC. Zu diesem Zweck war der verwendete GC mit einem LTM-Modul (Low Thermal Mass) und zwei Trennsäulen unterschiedlicher Polarität (LTM 1: DB-5MS UI [Agilent] 30 m x 2,25 mm x 0,25 µm; LTM 2: DB-WAX [Agilent] 30 m x 0,25mm x 0,25 µm) ausgestattet, um Abschnitte aus dem Chromatogramm, in denen es zu Überlagerung von Signalen kommt, herauszuschneiden. Dieser Heartcut wurde auf die zweite Säule gegeben und der Versuch unternommen, die sich überlagernden Signale aufzutrennen. Die Säulenschaltung erfolgt ventillos und software-gesteuert. Die Identifikation der Analyten wurde mit einem massenselektiven Detektor (Agilent 5977B MSD) vorgenommen, und zwar simultan zur olfaktorische Detektion (GERSTEL-Olfactory Detection Port, ODP), die der sensorischen Einordnung der geruchsaktiven Verbindungen mit der Nase diente.
Expertenmeinung: Die Kombination des olfaktorischen Nachweises (O) einzelner sensorisch aktiver Verbindungen mit der 1D/2D-GC/MS sei wichtig, schreiben Kfoury et al., um die erwünschten natürlichen Aromen zu bestimmen, die geruchs- beziehungsweise geschmacksdominierend seien. Um zu sehen, ob sich mit ihrem DHS-1D/2D-GC-MSD/O-System eben solche Aromastoffe bestimmen, und dieses sich auch in einem Lebensmittel replizieren lasse, untersuchten Kfoury et al. reale Proben.
Probe aufs Exempel: Analysiert wurden echter Thunfisch in der Konserve und zwei pflanzenbasierte Pendants. Die flüchtigen Analyten wurden mittels DHS kontinuierlich aus dem Dampfraum über der Probe mittels Stickstoffs herausgespült und auf einem Sorbens (Tenax TA) angereichert. Ausgeheizt wurden die Tenax-gefüllten Glasröhrchen dann in einem Thermal-Extractor (GERSTEL-TE) im Stickstoff-Trägergasstrom und die thermisch desorbierten Aromaverbindungen als Gesamteindruck am TE-Gasauslass abgerochen. Der Geruchseindruck, den die Forschenden dort erhielten, glich nach eigenen Angaben jenem der frisch geöffneten Lebensmittelprobe. Das Aroma des echten Thunfisch wurde von Kfoury et al. als fischig, brühig und fleischig charakterisiert. Den Geruchseindruck des ersten pflanzenbasierten Thunfisch beschreiben die Forschenden als bohnenartig und pflanzlich, der zweite sei demnach geprägt gewesen durch Attribute wie getreidig, pflanzlich und algenartig.
Fazit: Die sensorische Prüfung verlief positiv und wurde als Beleg gewertet, dass sich mittels DHS ein repräsentatives Geruchsprofil erhalten lässt. Die SDA-Methodik ist insgesamt in der Lage, „wichtige sensorisch aktive Verbindungen in Thunfischproben zu identifizieren“, schreiben Kfoury et al. Die Verwendung von DHS liefert repräsentative Probenextrakte für die Analyse und 1D/2D-GC-O/MS aufgelösten Bereiche, in denen Koelutionen auftraten. Der von ihnen beschriebene Ansatz erlaubt es, sensorisch aktive Verbindungen in einer Vielzahl von Probentypen zu identifizieren. Hersteller pflanzenbasierter Fleischersatzprodukten sind damit in der Lage, das Originalaroma zu replizieren und auf die Akzeptanz und Wertschätzung der Verbraucher in der Produktentwicklung hinzuarbeiten.
Referenzen
[1] Kfoury et al., Identification of Key Sensory-Active Flavor Compounds in Plant-Based Tuna Fish using Sensory Directed Analysis, GERSTEL AppNote 243
[2] Ray Marsili (Editor), Sensory-Directed Flavor Analysis (Food Science and Technology) 1. Auflage (2006)