Thema: Während langkettige per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) aufgrund ihrer Löslichkeit über den Wasserkreislauf global verbreitet werden, finden kurzkettige PFAS über die Atmosphäre ihren Weg in die weite Welt. Das verschiebt das Problem einer möglichen Gesundheitsgefährdung nicht, sondern lenkt das Augenmerk dorthin, wo flüchtige PFAS emittieren, und zwar auf Innenräume. Applikationsexperten von GERSTEL haben nun eine gleichsam effiziente und ökonomische wie auch ökologisch nachhaltige Methode auf Basis der Thermodesorptions-GC-MS/MS entwickelt, mit der sich Fluortelomeralkohole (FTOH) sicher und empfindlich in Luft bestimmen und quantifizieren lassen.
Problem: PFAS gehören einer Gruppe synthetischer organischer Chemikalien an, die ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften wegen industriell vielfach eingesetzt werden. PFAS weisen Wasser, Öl, Fett und Schmutz ab, sie sind überdies in Wasser löslich, äußerst hitzebeständig und chemisch stabil. Sie sind persistent, ubiquitär und gesundheitsgefährdend. Die für die Umwelt- und Lebensmittelanalytik relevanten PFAS lassen sich grob in zwei Stoffgruppen unterteilen: in perfluorierte Alkylsulfonate (PFAS) mit Perfluoroctansulfonat (PFOS) als bekanntesten Vertreter und perfluorierte Carbonsäuren (PFCA), deren namhaftester Repräsentant die Perfluoroctansäure (PFOA) ist. Zu PFOA abgebaut werden unter anderem die PFAS Fluortelomeralkohole (FTOH). FTOH [CF3(CF2)nCH2CH2OH] verleihen Textilien, Teppichen und Baustoffen wasser- und fettabweisende Eigenschaften. FTOH sind leicht flüchtig und aufgrund von Materialemissionen in Innenräumen allgegenwärtig. Besonders junge Menschen sind laut Umweltbundesamt hohen FTOH-Belastungen ausgesetzt.
Lösung: PFAS-Emissionen in Innenräumen sind zu minimieren. In Anbetracht der Tatsache, dass auch unkritische Mengen auf Dauer aufgenommen ein bedenkliches Maß annehmen können, sind FTOH-Belastungen in der Innenraumluft zu überwachen. Jackie A. Whitecavage, Kurt Thaxton und Robert Collins von GERSTEL haben unlängst eine Methode zur Bestimmung von FTOH in Luft entwickelt und evaluiert, die auf dem Einsatz der lösungsmittelfreien thermischen Desorption basiert gekoppelt an die Gaschromatographie und Tandem-Massenspektrometrie (TD-GC-MS/MS). Die Methode erlaubt die Bestimmung von PFAS/FTOH-Kontamination in Luft sowie die Aufklärung potenzieller Emissionsquellen gemäß den Vorgaben der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde (US EPA).
Technik: Whitecavage und Kollegen nutzen für die Bestimmung der von der US EPA verstärkt in den Blick genommenen FTOH (4:2 FTOH, 6:2 FTOH, 8:2 FTOH und 10:2 FTOH) folgende Gerätekombination – ohne Anspruch auf Vollständigkeit: TD Core System (Thermodesorber auf Basis eines TD 3.5+) in Verbindung mit einen 8890 GC und 7000E GC Triple Quadrupol MS (beide Agilent Technologies). Der GC war ausgestattet mit einem GERSTEL-KaltAufgabeSystem (KAS). Zur Probenahme verwenden die Applikationsexperten für geringe Flussraten ausgelegte und mit Tenax TA gefüllte Thermodesorptionsröhrchen; die Probenahme erfolgte aktiv mittels einer angeschlossenen Pumpe (SKC).
Analyse: Zunächst wurden 3 µL des Kalibrierungsstandards und des internen Standards (10:2 FTOH [M+4]) mit einer 10-µL-Spritze auf konditionierte TD-Röhrchen aufgespritzt und das Lösemittel vom Sorbensbett mit Stickstoff (40 mL/min) für die Dauer von drei Minuten entfernt. Die so vorbereiteten PFAS-spezifischen TD-(3,5+)-Röhrchen wurden mit einem dreifach verstellbaren Low-Flow-Röhrchenhalter und einer Probenahmepumpe (SKC Pocket Pump Touch) verbunden. Wie Whitecavage und Kollegen schreiben, wurden die Proben mittels des TD Core Systems (GERSTEL) im Splitless-Modus mit einem Heliumfluss von 50 mL/min bei 300 °C für 3 Minuten desorbiert und die Analyten im KAS bei 10 °C auf einem mit Tenax TA gefüllten Liner fokussiert. Desorption und Überführung der Analyten auf die Trennsäule erfolgten im Split-Modus (10:1) durch programmiertes Heizen mit 12 °C/s auf 280 °C (3 min).
Ergebnis: Whitecavage und Kollegen sammelten an mehreren Stellen in einem Bürogebäude und einem Privathaus Luftproben, um sie anschließend auf vorhandene FTOH-Belastungen zu untersuchen (Dauer der Probennahme jeweils 24 Stunden [40 mL/min]). Die TD-GC-MS/MS-Analyse der Proben im hoch-selektiven MRM-Modus (Multiple Reaction Monitoring) ermöglicht die Bestimmung von sehr geringen Konzentrationen an FTOH in komplexen Luftproben. Whitecavage und Kollegen schreiben: „FTOH 6:2 wurde an allen beprobten Stellen nachgewiesen. Die Dampfkonzentration reichte von 3,47 bis 16,5 ng/m3 Luft. FTOH 10:2 wurde an vier von sechs Standorten nachgewiesen mit einer Dampfkonzentration von 3,58 bis 16,7 ng/m3.“ Obwohl die gemessenen Konzentrationen allenfalls als gering zu bezeichnen seien, mache das Vorhandensein von wenigsten einem FTOH in jeder Probe einen Handlungsbedarf deutlich.
Fazit: In Anbetracht der Tatsache, dass sich PFAS, im vorliegenden Fall FTOH, im menschlichen Gewebe anreichern, kann eine Dauerbelastung auch mit ansonsten unkritischen Mengen zu einer Aufkonzentrierung der Schadstoffe führen und damit ein besorgniserregendes Maß erreichen. Mit der von den GERSTEL-Wissenschaftlern entwickelten und evaluierten TD-GC-MS/MS-Methode gelinge es auf effiziente, wirtschaftliche und nachhaltige Weise, auch geringen PFAS-Emissionen in der Innenraumluft auf die Spur zu kommen und einen Beitrag für ein gesünderes Klima in Innenräumen zu leisten.
Referenzen
Whitecavage JA, Thaxton K, Collins R. Determination of Fluorotelomer Alcohols in Indoor Air using Cryogen-free Thermal Desorption GC-MS/MS. GERSTEL AppNote 262.